Liebe und Demenz
Du nanntest mich dein Frühlingsherz,
als Maienlust uns einst umfing
und Blüten trugen wir im Haar,
als diese Zeit vorüber ging.
Das Glitzern in der Sternenstille
macht heiß und atemlos zur Nacht.
Und unsre Lust der Sommerherzen
hat Nachtigallen- Lied entfacht.
Noch warm sind unsre Herbstzeitherzen,
sie singen bunt und tanzen sacht,
doch senken sich schon Nebelschleier.
Gedankenlos, dich küsst die Nacht.
Noch halte stumm ich deine Hände,
denn Worte sind ganz ohne Macht.
Und still friert nun mein Winterherz,
es wird nicht mehr entfacht.
Sie schlagen noch in gleichen Takten,
das Metronom der Zeit hält stand.
Ich lege niemals zu den Akten
wie einst mein Herz das deine fand.
floravonbistram 2013
Abschiedssonett für unsere Mutter und Großmutter
Geh in Frieden, müde Seele,
lass den Lebensmantel los,
der so schwer behindert bloß,
dass er dich nicht länger quäle.
Halte nicht mehr fest dein Leben,
nicht an Tand, an Gut und Geld,
den Ballast der Habenwelt
musst du Andren übergeben.
In Verzicht leg all dein Ringen,
denn auf deinen Seelen-Wegen
hemmt die glitzernde Fassade.
Möge es dich lichtwärts bringen,
bittend um den letzten Segen,
für den Trost der ewigen Gnade.
fvb Oktober 2015
Wohin mit all den ungelebten Träumen
Wohin mit all den ungelebten Träumen,
wo lege ich all unser Lieben ab?
Wie banne ich nur deinen Duft aus Räumen,
in denen ich mit dir gesungen hab.
Wie misse ich die zauberhaften Stunden
mit Morgenrot im Wald an unserm See.
So sehr hat uns das Leben herzverbunden,
schon der Gedanke dran tut endlos weh.
Wer nimmt mir ab die herrlichen Gedanken,
mit denen wir ein Luftschloss uns gebaut.
Wie öffne ich für mich die Hoffnungsschranken
und lösch‘ das Sehnen unter meiner Haut?
Noch fühle ich die farbenfrohen Bilder,
die phantasievoll wir so oft erdacht -
schon werden sie pastellig, fühlungsmilder,
auf sie legt sich zart die Vergessensnacht.
Und ohne Antwort bleiben viele Fragen,
verbrennen in der wunden Herzensglut.
Doch will und kann ich heute nichts beklagen,
denn wie es war, war es unendlich gut.
floravonbistram
Novembernebel
Dunkelster Novembermorgen -
Stille schließt mich vollends ein,
geh, wie täglich meine Runden,
liebe es, allein zu sein.
Hinter grauen Nebelschwaden
ahne ich nur noch den Wald,
düster tönt der Ruf der Eule,
der gespenstisch widerhallt.
Nebelfrauen seh‘ ich weben
seid’ne Schleier auf dem Feld
und verwischte Mondesstrahlen
zaubern eine Märchenwelt.
Alle Wege sind verschlungen,
grauverschluckt ein jedes Licht,
bis auf Rotkehl’s sanftes Rufen
Sonnenfinger hell durchbricht
und mit wundersamem Malen
einen roten Streifen zieht,
der den Horizont umrandet,
vor dem alles Dunkel flieht.
Und ich bleibe schauend stehen,
sehe, wie das Nachtschwarz weicht,
wenn durch schwere Wolkenbänke
Taglicht jeden Raum erreicht.
Ein Moment der großen Andacht,
ein Moment so voller Glück,
ein Moment des stillen Dankens,
ein Moment… Ich geh zurück.
floravonbistram 2011
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