Keine Kraft mehr
Ich möchte nur mein müdes Ich
in deinen starken Händen lassen,
will ruhen und nicht mehr erleben,
wie ohne Wirkung jedes Pflegen,
wie meine wunderschöne Welt
so nach und nach in sich verfällt.
So gerne würd ich ruhen können,
in deinen weiten Armen schlafen.
Es wird nicht schwer, hier los zu lassen,
nur weiter lieben ohne hassen,
war auch mein Weg nicht immer leicht.
Zu große Worte wirken seicht.
Erscheint dir wirr nun manche Zeile
die ich auf diese Seite hefte,
nimm dir die Zeit, mich zu verstehen,
wenn auch viel Stunden noch vergehen,
bevor sich Sätze werden finden,
die sinnvoll sich zusammenbinden.
Kein Maß kann messen jenes Hoffen,
das Wünschen mal ein Bild verleiht.
Wer spricht schon gerne laut und offen
zeigt seine Blößen ganz befreit,
dass Jeder sie betasten kann
und auch belacht so dann und wann.
Doch weiter trägt mich mein Vertrauen,
dass ich dann endlich werde schauen
in eine Welt, fern dieser hier,
es wird sich öffnen jene Tür,
die mich ins Licht dann still lässt gehn,
und alles wird nur hell und schön.
floravonbistram
Klinik
Schau in den Tag, wie die Sonne lockt,
die jubelnde Vogelwelt fliegt und hockt
dort im Grase nicht auch ein Reh?
Ich sehe nichts, mir tut alles weh.
Hör Melodien, die fröhlich erklingen,
im Frühlingswinde die Knospen sich schwingen,
öffne die Ohren und auch dein Herz,
ich fühle nichts, nur meinen Schmerz.
Bunt ist der Reigen der Blumen im Licht
die Farbenflut unsere Sinne besticht,
die leuchtende Sonne uns einfängt,
ich fühle mich nur von Dunkel bedrängt.
Doch dann aus dem Dunkel ergreift mein Herz
des Zaunkönigs Lied, nimmt mir allen Schmerz,
schenkt Hoffnung und lässt mich nach oben blicken
ein kleines Danke dann himmelwärts schicken.
März 2011
Scheideweg
Wenn die Augen, die sonst lachten,
sich nun kummermüde weinen,
ohne Glauben still verneinen,
Gesten, die sonst Hoffnung brachten.
Wenn die Schmerzen mich zerfressen,
nur noch Drogen Hilfe bringen,
kann ich nicht mehr lange ringen,
will die Nöte nur vergessen.
Wenn aus Worten Steine werden,
harte Sätze mich zerschneiden,
möchte meine Seele scheiden,
Abschied nehmen hier von Erden.
Jan 2011
Und dann holt er mich wieder ein
Ein Tag, der mich fliegen lässt,
vergessen die Qual
mit allen Sinnen genießen,
Natur erleben und voller Dank
die vertrauten Wege gehen.
Mein See, mein alter Baum,
meine verschlungenen Pfade,
wie sehr erinnert ihr mich
an mein Leben mit euch.
Glück, doch immer wieder Leben
noch genießen zu können,
Dankbarkeit, auch immer wieder
ohne den vernichtenden Schmerz
sein zu können.
Und dann, ganz plötzlich,
nicht überraschend,
holt er mich wieder ein,
dass ich manchmal,
nur für mich
den Kopf in den Kissen
vergraben möchte,
um alle Pein herauszuschreien.
Doch dann lächel ich wieder,
zeige euch mein geglättetes Selbst.
Mit Dank an die Chemie
Jan 2011
Klinikfenster
Ich grüß meine Wälder,
die Wiesen und Felder,
die Seen und Wipfel,
des Bergs höchsten Gipfel.
Im Garten die Blumen,
des Felds harte Krumen,
des lauen Wind Streicheln,
der Sonne sanft Schmeicheln.
Ich sehn mich nach ihnen,
nie schöner mir schienen
die grünenden Auen,
die ich nicht kann schauen.
Die Zeiten verwehen,
wie trockenes Laub,
und in diesem Staub
möchte ich wieder gehen.
Wir werden sehen!
FvB März 2011
Ich will leben
Ich laufe barfuß durch die Feuer,
die Seelenqualen hell entfacht,
und schnaubend folgt das Ungeheuer
mir in den Schlaf der ersten Nacht.
Ich rufe nein, ich will mich wehren,
ich lasse mich nicht auf dich ein,
du kannst mich noch so sehr begehren,
niemals wirst du dem Tod mich weih‘n.
Ich kämpfe Schlachten auf die Weise,
die ich schon lange praktiziere.
Natur bestimmt die lange Reise,
damit ich nicht den Kampf verliere.
Ich traue meinen Lebenskräften,
vertraue auf so manches Kraut,
lass mir „unmöglich“ nicht anheften,
auch wenn so mancher skeptisch schaut.
Und dann, dann spürte ich das Leben,
das kraftvoll wieder mich durchdrang,
ich dankte für das gütig‘ Weben,
das in mir singt mit warmem Klang.
floravonbistram 1991
nach der Diagnose Gebärmutterhalskrebs
Den letzten Vers schrieb ich 1992 dazu, als ich alles überstanden hatte
Schmerzattacke
Kühle der Fensterscheibe an meiner Stirn,
noch ein wenig feucht
und gerade dadurch so lebendig.
Mit geschlossenen Augen
lausche ich dem Ticken der Uhr,
höre die Sekunde des Innehaltens
vor dem Schlagen zur vollen Stunde.
Laut ist sie, die sonst so beruhigend wirkt,
laut schlägt sie auf meine Sinne ein.
Ich höre mich atmen, geschärfte Sinne,
die den Schmerz tanzen lassen,
ich tanze nicht mit,
versuche mich entgegen zu stellen,
er zerreißt jeden Widerstand,
lässt mir keine Wahl.
Ich atme - ein, aus, ein, aus, ein, aus,
tick, tack, tick, tack,
da ist er wieder,
der Rhythmus, der mit mir schwingt,
in dem ich schwinge
und da löst sich die Stirn von der Scheibe,
die verkrampfte Faust lässt den Vorhang los,
die Augen öffnen sich
und zucken im gleißenden Sonnenschein.
Wo war er eben noch, als die Dunkelheit mich packte?
Dezember 1977
Krankheit kann auch Segen sein
Ich lernte die Gnade der Langsamkeit kennen
und es entschwand die Hektik der Zeit,
lehrte mich mehr die innere Ruhe anzunehmen.
Der Lärm schmerzte mich und ich floh ihn,
um die Stimmen der Natur zu hören,
heute höre ich auch in mich hinein.
In der Stille ruhte ich schon immer,
doch sie wird mir jetzt bewusster
und schenkt mir Frieden.
Wie oft hielt ich die Hände der Traurigen,
deren Tränen sich hinter Lachen verbargen,
heute wünsche ich mir selber so eine Hand.
So vielen Fragen habe ich Antworten gegeben,
nun schwingen sie in mir wie Klänge,
die ein eigenes Lied der Ewigkeiten spielen.
Wenn ich einschlafe, bleibt nichts von der Unruhe,
nichts von meiner Betriebsamkeit,
denn der Segen des Erkennens,
die Gelassenheit wurde mir geschenkt.
floravonbistram 2011